Fotos und Informationen aus Italien
Reiseberichte mit Bildern
Pisa
in der Toskana
Der Schiefe Turm, gehalten von Erwin
Der Campanile, gehalten von Janis
Pisa ist eine lebhafte Universitätsstadt in der
Toskana am Fluss Arno mit fast 100 000 Einwohnern. Weltbekannt wurde sie jedoch durch einen Fehler:
Als im 7. Jahrhundert v.Chr. hier Griechen siedelten, lag es an einer Lagune und hatte einen kleinen Hafen, der später von den Römern ausgebaut wurde. Die Lagune und der Hafen verlandeten, und so liegt Pisa heute mehr als 10 km vom Meer entfernt. Auch der Untergrund der Stadt ist Schwemmland aus Lehm und Sand, und daher alles andere als fest. Dass man besser nicht auf Sand baut, hätten die Dombaumeister
Bonannus und
Guglielmo schon aus der
Bibel (Matthäus 7,26) erfahren können. Sie ließen sich davon jedoch nicht abhalten und legten lt. einer Inschrift im Jahr 1173 den Grundstein für den
Campanile. Schon während des Baus neigte sich der Turm, und so wurden die Bauarbeiten ab und zu eingestellt, dann wurde doch weitergebaut, und mit verschiedenen Maßnahmen versuchte man den Turm wieder gerade zu richten. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts wurde die Neigung so groß, dass man ihn für Besucher sperren und ein Umstürzen befürchten musste. Seine obere Platform hing fast 5 m aus der Senkrechten. Mit verschiedenen Maßnahmen konnte man ihn wieder so weit aufrichten, dass er heute wieder sicher steht und bestiegen werden kann.
Die Maßnahmen zum Geraderichten waren so erfolgreich, dass man ihn mit der Zeit vollständig in die Senkrechte hätte bringen können. Aber was wäre Pisa mit einem geraden Turm! Deshalb begnügte man sich mit einer teilweisen Aufrichtung. Jeden Tag machen hunderte von Touristen auf der Wiese vor dem Turm die seltsamsten Verrenkungen, und Fotografen wälzen sich im Gras, um das ultimative Foto eines Hünen zu schießen, der den Turm am Umfallen hindert.
In Pisa wurde am 15. Februar 1564 Galileo Galilei geboren. Seine physikalischen und astronomischen Entdeckungen veränderten unser Weltbild so grundsätzlich, dass man ihn heute als einen der wichtigsten Begründer der modernen Naturwissenschaften betrachtet. Von 1589 bis 1592 arbeitete er an der Universität Pisa als Lektor für Mathematik. Anschließend wurde er Professor in Padua, ab 1610 Hofmathematiker in Florenz. Bei seinen astronomischen Erlenntnissen kam er in Konflikt mit der Kirche, die immer noch behauptete, die Erde stünde im Mittelpunkt des Kosmos. Der berühmte Ausspruck »Und sie bewegt sich doch!« ist wohl später entstanden
Von den Gassen der Stadt aus ist immer mal wieder der Campanile zu sehen. Das Besteigen ist nicht billig und oft muss man Schlange stehen, bis man hinauf darf, da die Anzahl der gleichzeitigen Besucher beschränkt ist.
Auf dem Domplatz, der Piazza del Duomo, konzentrieren sich die Touristenmassen. Er wird auch Platz der Wunder (Il Campo dei Miracoli) genannt. Hier findet man neben dem Dom und dem Campanile auch das Baptisterium, der Camposanto und das Sinopienmuseum.
Das kleine Schild "Tickets" bedeutet, dass man hier beim Sinopienmuseum auch die Eintrittskarten für den Turm, das Baptisterium und den Camposanto bekommt. Wer es übersieht, muss erst nochmal zurückgehen. Sinopien sind Skizzen unter den Fresken. Gefunden hat man sie vor allem im Camposanto. Sie sind mit rotbrauner, ockerartiger Naturfarbe aus Eisenoxid ausgeführt und wurden abgetragen, um sie im Museo delle Sinopie auszustellen, da der Camposanto im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt wurde. Auch die Fresken selbst wurden so weit wie möglich abgenommen und restauriert.
In und um den 1358 fertiggestellten Camposanto sollen mehrere Wagenladungen Erde aus dem Heiligen Land verteilt worden sein, die Erzbischof Ubaldo de Lanfranchi 1203 von einem Kreuzzug mitbrachte. Reiche und adlige Bürger Pisas ließen sich hier in dieser heiligen Erde begraben. Während die Arkaden an der marmornen Außenwand nur angedeutet sind, bilden im Innern Rundbogenarkaden einen Kreuzgang um eine Rasenfläche.
Das romanische Baptisterium (Battistero di Pisa) ist die Taufkirche des Doms. Im Jahr 1152 begann man mit dem Bau und erst 1358 wurde es mit der Kuppel vollendet. Mit 107 m Umfang und 54 m Höhe ist es eine der größten Taufkirchen der Welt.
Im Innern fällt sofort die große freistehende sechseckige Marmor-Kanzel ins Auge. Sie wurde in den Jahren 1255 - 1260 von Niccolo Pisano (Nicola Pisano) angefertigt. Das Kanzelbecken ist mittels einer Holztreppe erreichbar und wird von sieben Säulen getragen, die teilweise auf Löwenstatuen stehen.
Das Lesepult wird von einem Adler gestützt und die Brüstung ist reich mit Marmorreliefs verziert.
Vor dem Altarraum mit drei Buntglasfenstern und seinem eher schlichten Altar befindet sich das achteckige
Taufbecken, geschaffen im Jahr 1246 von
Guido Bigareli da Como. In der Mitte steht eine Statue Johannes des Täufers, die 1929
Italo Griselli hinzufügte.
Grabsteine im Fußboden zeugen davon,
dass sich auch im Baptisterium Adlige
und Reiche bestatten ließen.
Um das Baptisterium rankt sich eine wilde
Zahlenmystik (Numerologie, Zahlensymbolik), die wohl zur
Esoterik gehört. Da werden Zahlen wild addiert und multipliziert, ohne dass es einen Sinn gäbe. Gerade die Zahlen von eins bis zwölf kommen nun mal in vielen Bauwerken und ihren geometrischen Formen häufig vor, dahinter verbergen sich meiner Meinung nach meist keine Geheimnisse.
Am romanischen Dom Santa Maria Assunta wurde im 11. und 12. Jahrhundert fast 200 Jahre lang gebaut. Bei einem Sieg über die Sarazenen im Jahr 1063 erbeuteten die Pisaner sechs mit Schätzen reich beladene Sarazenenschiffe. Die Kriegsbeute ermöglichte es ihnen, diese monumentale Kathedrale mit großen Mengen Carrara-Marmor zu beginnen. Der Schiefe Turm gehört eigentlich dazu, als abgesetzter Glockenturm (Campanile).
Ein Gotteshaus mit Kriegsbeute zu bezahlen, also auch mit dem Leben vieler Menschen (Feinde!), zeigt aber auch den erschreckenden Zustand der damaligen Kirche, die eigentlich christliche Nächstenliebe und Frieden predigen sollte.
Die fünfschiffige romanische Säulenbasilika wurde das Vorbild für viele Kirchenbauten in der Toskana.
Die Porta di San Ranieri
Das bekannte Portal
Porta di San Ranieri wurde nach dem Schutzpatron Pisas, dem
Heiligen Rainer von Pisa, benannt. Die Türflügel aus Bronze wurden um 1180 von einem
Meister Bonannus gegossen und zeigen Szenen aus dem Leben von Jesus und Maria.
Das Heilige Abendmahl
Auch hier ist einer der Jünger schlafend im Schoß von Jesus dargestellt, was mir noch niemand schlüssig erklären konnte. Im Gegensatz zu vielen späteren Darstellungen trägt der Schlafende jedoch keine weiblichen Züge.
Dan Brown und andere spekulierten aufgrund späterer Kunstwerke, dass es sich in Wirklichkeit um Jesu Ehefrau handelt, vielleicht
Maria Magdalena.
Johannes der Täufer
tauft Jesus im
Jordan
Ein herausragendes Kunstwerk ist die 1302 bis 1312 von Giovanni Pisano hergestellte sechseckige Marmorkanzel. Giovanni war der Sohn und Schüler von Niccolo Pisano, der die Kanzel im Baptisterium anfertigte. Er hat die Kanzel im Dom ähnlich wie die seines Vaters entworfen, aber reichhaltiger ausgestaltet und verziert. So sind die Säulen hier teilweise als Figuren gestaltet: Der Erzengel Michael, Samson (Herkules), Jesus Christus, Ecclesia und drei Frauenfiguren, die die Kardinaltugenden Glaube, Liebe und Hoffnung darstellen.
Die Kanzelbrüstung trägt Marmorreliefs mit Szenen aus dem Neuen Testament. Wie im Baptisterium stützt ein Adler das Lesepult.
Der überquellende Reichtum an Kunstschätzen im Dom spiegelt den Reichtum der Stadt in dieser Zeit wieder.
In der Nordwestecke des Campo dei Miracoli befindet sich ein alter jüdischer Friedhof. Reste der Stadtbefestigung ziehen sich von hier nach Süden bis zum Arno hin.
Am Arnoufer findet man eine alte Zitadelle, die Citadella Vecchia, mit dem restaurierten Guelfenturm Torre Guelfa.
Die kleine gotische Kirche Santa Maria della Spina am Arnoufer stammt aus dem Jahr 1332. Sie ist ein Bethaus (Oratorium) für eine Dorne aus der Dornenkrone von Jesus, die jemand aus dem Heiligen Land mitgebracht haben soll.
Wer von Touristen und alten Gebäuden erst mal genug hat, dem empfehle ich den Park
Giardino Scotto an der
Bastione di Sangallo in der Nähe der Arnobrücke
Ponte alla Fortezza.
Auf dem Rückweg sollte man noch die
Piazza dei Cavalieri, den Platz der Ritter, besuchen. Der prächtige Renaissance-Palast
Palazzo dei Cavalieri, auch Palazzo della Carovana war ab dem 16. Jahrhundert der Hauptsitz der Ritter des Stephansordens. Vor dem Eingang steht ein Standbild von Großherzog Cosimo I., des Ordensgründers. Vorher war das Gebäude der Palast der Stadtältesten. Seit 1810 ist es eine Elite-Schule.
Links daneben der Palazzo dell'Orologio, der Uhrenpalast, der 1607 ebenfalls für den Stephansorden errichtet wurde.
Rechts daneben die Ordenskirche Santo Stefano dei Cavalieri aus dem 16. Jahrhundert.
Ein Spaziergang durch die engen Gassen der Altstadt gehört natürlich dazu. Im Gegensatz zu Florenz halten sich die Touristenströme hier in Grenzen.