Fotos und Informationen
aus Italien: Golf von Neapel
Das Orakel Sibylle
von Cumae
Die Orakel-Höhlen von Cumae
Um 750 vor Christus gründeten griechische Einwanderer, die größtenteils von der
Insel Euböa kamen, die Stadt Cumae, die heute italienisch Cuma heißt.
Nachdem die Griechen hier erfolgreich die Etrusker abgewehrt hatten,
eroberten es die Samniten. Im 4. Jahrhundert wurde es schließlich ein
römisches municipium, also eine durch die Römer unterworfene Stadt,
deren Bürger praktisch die gleichen Rechte und Pflichten hatten wie römische
Bürger. Die Siedlung gliedert sich in eine Oberstadt, die Akropolis mit einer
Burg ähnlich einer Zitadelle und einem Zeustempel, eine Unterstadt im Talgrund
und dazwischen am Hang des Burgbergs ein System von künstlichen Höhlen, Tempeln
und anderen Räumen, wo sich das Orakel von Cumae befand.
Die Sibyllengrotte
Die eigentliche Orakelhöhle der Sibylle von Cumae wurde 1932 entdeckt und
besteht aus einem schmalen trapezförmigen Gang, der immer wieder von größeren
Räumen und seitlichen Öffnungen für den Lichteinfall unterbrochen wird.
Die Priesterin Sibylle, das Orakel von Cumae
Am hinteren Ende der Sybillengrotte, Orakelgrotte oder Orakelhöhle der
Cumäischen Sybille wirkte eine Priesterin mit prophetischen Gaben, die
Besuchern die Zukunft vorhersagte oder auch Ratschläge gab.
Sybille ist also kein Vorname einer
bestimmten Person, sondern eine allgemeine Bezeichnung für eine Prophetin
ähnlich dem Orakel von Delphi in Griechenland. Ihre Auskünfte waren meistens
zweideutig und oft rätselhaft, so dass man die Prophezeiung im Nachhinein
immer so "hinbiegen" konnte, dass die Vorhersage gestimmt hat.
Der römische Historiker
Marcus Terentius Varro
verfasste im 1. Jahrhundert vor Christus eine Liste von zehn damals
bekannten Sibyllen-Orakeln mit ihren jeweiligen Standorten, die uns vom
Kirchenvater
Lactantius
in seinem Buch
Göttliche Unterweisungen nach Varro
überliefert wurde. Die Sibylle von Cumae wurde durch eine Überlieferung
des römischen Dichters Vergil (eigentlich
Publius Vergilius Maro)
berühmt, wonach sie dem Trojaner Aeneas (auch Aineias oder Äneas)
gute Dienste erwies. Bei diesem Aeneas kann es sich jedoch auch um keine reale
Person, sondern um eine Figur der griechisch-römischen Mythologie handeln,
da er der Sohn des Anchises mit der Göttin Aphrodite (römisch: Venus) sein soll.
Die Römer verehrten Aeneas als ihren mythischen Stammvater.
Zeitgenössische Abbildungen der Sibylle und des Betriebs an dieser Kultstätte
von Cumae gibt es nicht. Ob sich die Wahrsagerin auch hier in einen
rauschartigen Zustand versetzte, ist nicht bekannt.
Die Nähe der Phlegräischen Felder und die vulkanische Aktivität in der Gegend
legen aber die Vermutung nahe, dass auch hier, wie in Delphi,
Gase aus dem Untergrund eine Rolle spielten.
Die dampfenden Spalten und Gasquellen in einem großen Umkreis um die heutige
Stadt Pozzuoli haben wahrscheinlich zur damaligen Zeit auch einen starken
psychologischen Effekt ausgeübt und die Menschen an die gruseligsten mythischen
Geschichten glauben lassen.
In der Sixtinischen Kapelle in der Vatikanstadt in Rom
hat der Renaissance-Maler Michelangelo Buonarroti
mehrere Sybillen in einer Reihe mit den biblischen Propheten gemalt.
Man fasst beides auch unter dem Begriff
Genien
zusammen. Die Sibylle von Cumae (Cumäische Sibylle) ist dort als ein
gigantisches Mannweib dargestellt. Sie blättert in einem Buch, womit
wahrscheinlich eines der
Sibyllinischen Bücher
gemeint ist. Dabei handelt es sich um legendäre Aufzeichnungen sibyllinischer
Orakel, die zur Regierungszeit des persischen Königs Kyros II. auf dem Berg Ida
in der heutigen Türkei verfasst wurden.
Die Sibylle von Cumae besaß neun davon und wollte sie im 6. Jahrhundert
vor Christus dem römischen König
Lucius Tarquinius Superbus
verkaufen. Jedesmal wenn er absagte, weil ihm der Preis zu hoch war,
verbrannte sie drei davon. Damit machte sie ihn so neugierig, dass er zum
Schluss drei der Bücher zu dem Preis kaufte, den sie vorher für alle neun
verlangt hatte.
Geht man am Eingang der Sibyllengrotte vorbei, kann man an der Felswand die
Lichtschächte erkennen und hineinsehen.
Sie sind teilweise in der gleichen Form gestaltet wie die Haupthöhle, teilweise
aber auch oben bogenförmig.
In die Felsen um die Orakelhöhle sind verschiedene Höhlen und Räume gemeißelt,
die wahrscheinlich rituellen Zwecken dienten, als Apollontempel und als
Nekropole. Eine teilweise unterirdische Anlage war mit einem Netz gegen die
allgegenwärtigen Tauben überspannt. Es lag voller Unrat und hatte Löcher, so
dass die Tauben trotzdem drin waren. Die einzige Wirkung die das Netz noch hat,
ist die Behinderung der fotografierenden Touristen. Dem Personal war das egal,
wie vieles andere auch.
Das Gestein scheint weich zu sein, so dass die Höhlen wahrscheinlich relativ
leicht geschlagen werden konnten. Ich hielt es auf den ersten Blick für
Kalksandstein, eine Infotafel identifiziert es allerdings als
Trachyt,
der wie vieles in dieser Gegend vulkanischen Ursprungs ist.
Der hier anstehende Trachyt tritt als pyroklastisches Gestein ähnlich
Bimsstein oder Tuffstein auf, was ihn leicht und gut bearbeitbar macht.
Das Gebilde auf dem rechten Bild wurde nirgends erklärt. Sofern es sich um antiken römischen
Zement handelt, könnte es die Toilette der Sibylle gewesen sein.
Die Burganlage von Cuma
Geht man den Burgberg bergauf Richtung Oberstadt kommt man an einer Burg
vorbei, deren einzelne Bauabschnitte aus verschiedenen Epochen stammen.
Die ältesten Teile bauten schon die Samniten. Die Römer und spätere Bewohner
von Cuma erweiterten die Anlage.
Der Zeustempel in der Oberstadt, der Akropolis
Von der Burgruine führt eine alte gepflasterte Römerstraße hinauf zur
Oberstadt, der Akropolis.
Wie bei vielen Altstraßen findet man hier auch noch Wagenspuren, die sich vor
allem beim Bremsen bergab in die Pflastersteine geschliffen haben.
Gepflasterte Straßen waren eine große Errungenschaft der Römer.
Man findet sie in vielen Gebieten, wie hier an der
Italienischen Riviera.
Das heutige Cuma gründeten Griechen als
Kyme.
Obwohl nur noch stark veränderte Ruinen vorhanden sind, die auf diesem Hügel
Jahrtausende lang Wind und Wetter ausgesetzt waren, findet man hier Überreste
einer der ältesten griechischen Hügelsiedlungen, eine Akropolis.
Die griechische Kultur war schon vor der römischen hoch entwickelt und vor
allem zu Zeiten Homers betrachteten die Griechen das heutige Italien als
unterentwickelt, ungebildet und rückständig.
In ihrer Akropolis bauten die griechischen Einwanderer unter anderem einen
Zeustempel, den man auf das 6. Jahrhundert vor Christus datiert.
Den Besucher empfängt nach Besteigen des Hügels am höchsten Punkt ein aus
neuerer Zeit stammender doppelter Bogen aus
Ziegelsteinen als Portal des ehemaligen Zeustempels von Kyme (Cumae).
Etwa im 5. Jahrhundert nach Christus, nach der Christianisierung des
Römischen Reiches, der
konstantinischen Wende,
hatte man keine Bedenken, den Tempel des Zeus, des höchsten Gottes der alten
Griechen, als frühchristliche Kultstätte umzubauen. Aus dieser Zeit stammt das
noch gut erhaltene kreisförmige christliche Taufbecken, das ursprünglich mit
Marmorplatten verkleidet war, von denen nur noch Reste vorhanden sind.
Für den Besucher ist nur schwer zuzuordnen, welche Mauerreste zum Zeustempel,
zum frühchristlichen Umbau oder noch späteren Veränderungen gehören.
Infotafeln gibt es oben nur spärlich und sie sind wenig übersichtlich.
Manche antike Räume werden auch für Baumaterial nicht stattfindender
Bauarbeiten verwendet, das langsam auch in einen historischen Zustand übergeht
(Bild rechts).
Diese Mauerreste hielt ich auf den ersten Blick für Teile der Nekropole.
In der Nähe hing jedoch eine Infotafel, die auf einen Diana-Tempel hinweist.
Auch die römischen Thermen müssten hier in der Nähe sein, allerdings fand ich
keinen Hinweis, was jetzt wozu gehört.
Die Zuordnung als Diana-Tempel ergab sich angeblich aus der Anordnung der
Gebäude auf einen bestimmten Stand des Mondes. Diana war in der römischen
Mythologie nicht nur die Göttin Jagd, Beschützerin der Frauen und Mädchen und
Helferin bei der Geburt, sonder galt neben Luna auch als Mondgöttin.
Demnach war der Dianatempel in Cumae auch eine Art Mondobservatorium.
In der griechischen Mythologie hat Diana ihre Entsprechung in der Göttin
Artemis.
Vom Burgberg in Cuma hat man eine schöne Aussicht über die Phlegräischen Felder
und die Mittelmeerküste.
Vor dem großen Vesuv-Ausbruch, bei dem sich das Land hob, reichte das Meer
weiter ins Landesinnere, also bis vor die Tore von Cumae, Herkulaneum und
Pompeji. Links ein Blick Richtung Süden zum Fusaro-See (Lago del Fusaro).
Rechts im Hintergrund ist der vom römischen Kaiser Domitian (Titus Flavius
Domitianus erbaute Arco Felice bei Pozzuoli zu erkennen.
Zum antiken Cumae gehörte auch eine Unterstadt mit einem samnitischen
Capitolium. Leider war diese Ausgrabungsstätte wegen angeblicher
Ausgrabungsarbeiten nicht zugänglich.
Von "Arbeiten" war jedoch weit und breit nichts zu sehen.
Das Gelände lag verlassen und menschenleer im Tal.
Die beiden Fotos sind von der Akropolis aus aufgenommen. In unmittelbarer Nähe soll es auch ein dazugehöriges Amphitheater geben. Leider
hatten wir keine Zeit mehr, es zu suchen. Wegweiser dorthin haben wir nicht
entdeckt.